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Die Höhle vor mir lag in tiefe Dunkelheit gehüllt. Angst hatte ich zwar keine, doch gab es Regeln. Das Monster musste vor die Höhle kommen. So war es schon immer gewesen.
“Mögt ihr nun endlich herauskommen, um ein ehrenvolles Ende zu finden, ihr Ungeheuer!”, versuchte ich es noch einmal. Wieder keine Antwort.
Da stand ich nun in meiner Rüstung, frisch poliert und geölt und kochte bei dieser Hitze im eigenen Saft. Es war schon eine echte Frechheit, einen Sir Parcival III in einer solchen Hitze warten zu lassen.

“Jetzt kommt schon raus, ihr grün geschuppte Schlange.” Es war eigentlich nicht meine Art zu flehen, doch so langsam rann meine Geduld dahin und damit anscheinend auch meine tadellose Erziehung.
Es gab nur zwei Möglichkeiten. Entweder ich rannte mit eingezogenem Schwanz zurück zu Burg und König, oder ich tat das, was für einen Mann von meinem Stand angemessen war: In die Höhle und dem Biest entgegentreten.

Aber ich wäre nicht Sir Parcival III, wenn mir nicht noch eine bessere, ja ich möchte sagen elegantere Lösung eingefallen wäre. Und so suchte ich mir einen großen Stein, platzierte meine vier Buchstaben auf ihm und wartete.
Eine halbe Stunde zog dahin. Langsam wurde es mir unter dem Helm echt warm und obwohl ich sehr stark bin, wurde mir der Kopf auch langsam schwer. Auch die Sonne schien mich nicht zu mögen, denn sie fing an noch heißer zu brennen und schien zu dem noch gemein von oben herab zu lächeln. Pah es brauchte schon mehr um einen tapferen Recken wie mich in die Knie zu zwingen.

“Nein du bekommst mich nicht, du elendig warmer Funzelball.”, rief ich der Kugel entgegen, fasste mir ein Herz und nahm den Helm ab. Ihr könnt mir glauben, es war gewiss keine leichte Entscheidung, denn für einen Ritter ist der Helm sein ganzer Stolz. Es gibt jedoch Momente im Leben, da sollte man seinen Stolz vergessen und einfach tun was nötig ist, auch oder gerade, wenn man Sir Parcival III ist.

Mittlerweile war mir klar, dass das Biest in der Höhle ein gemeines Spiel mit mir Trieb. Es hatte sich mit der Sonne gegen mich verschworen. In die Flucht wollten sie mich treiben, doch nicht mit mir.

Ich ging zu meinem treuen Gefährten, dem Ross, dass mich schon in manche Schlacht hinein und wieder hinausgetragen hatte. Butterblume.
Ich nahm einen kräftigen Schluck Wasser aus der Flasche, die ich in weiser Voraussicht an den Sattel gebunden hatte und kehrte wieder zu meinem Helm zurück.

Das wiederholte ich während der nächsten Stunde einige Male, bis die Flasche leer und die Sonne kühler war. Mein glorreicher Plan hatte also funktioniert.

Nun war es deutlich erträglicher und ich spielte sogar mit dem Gedanken meinen Helm wieder aufzusetzen, doch vielleicht wartete die Sonne nur darauf, um sogleich von Neuem los scheinen zu können und diese Genugtuung wollte ich, Sir Parcival III, ihr nicht lassen.

“Äh, wer bist du?”, ertönte es hinter mir. Ich schrak auf. Trotz meiner ungeahnten Konzentrationsstärke muss ich wohl eingeschlafen sein, denn der Himmel war schwarz und die Luft angenehm kühl. Ich drehte mich geschwind um die eigene Achse und blickte in das Angesicht des Bösen.
Groß, grün und mit einem echt fiesen Gesicht stand er vor mir. Der Drache.
“Haha, hab ich euch erwischt. Wolltet euch wohl hinterhältig an mich heranschleichen, ihr fieses Ungeheuer.”, erwiderte ich schlagfertig.

Der Drache hob eine seiner riesigen Augenbrauen.
“Wie bitte? Ich glaub ich hör nicht richtig. Ich komme gerade, nichts Böses ahnend, nach Hause geflogen. Will mich nur noch in meine Höhle kuscheln und da sehe ich, wie so ein Knirps mir den Weg in mein Heim versperrt und mich dann auch noch beleidigt.”
“Ähh…”, machte ich und mir fiel die Kinnlade herunter. Zu meiner Schande musste mir eingestehen, dass mich das Ungeheuer mit seiner wortreichen List aus dem Konzept gebracht hatte.

Doch so schnell wie das passiert war fing ich mich auch wieder, baute mich vor dem gemeinen Biest auf und rief aus voller Brust.
“Ich, Sir Parcival III, fordere euch zum Kampf, Unhold.”
“Nein, danke.”, antwortete der Drache und versuchte an mir vorbei in seine Höhle zu kommen. Diese Art des tückenreichen Kampfes war mir neu.
“Halt! Du kommst hier nicht vorbei!”, rief ich, sprang dem Drachen in den Weg und rammte mein Schwert vor dem Biest in den Boden. Ich hatte ihm gezeigt, dass es mir ernst war. „Aber das ist meine Höhle und ich bin echt müde.”
“Wir werden uns jetzt duellieren, so wahr ich hier Stehe. Bei der Ehre.”
“Und warum sollten wir das tun?”

Es schien nicht das klügste Ungeheuer zu sein. Verschlagen ja, aber nicht sehr schlau.
“Nun, ihr seid ein Drache, richtig?”, versuchte ich es auf den richtigen Weg zu führen.
“Ja, genau.”
“Und ihr seht , dass ich ein Ritter bin?”
“Auch das stimmt.”, der Drache nickte zustimmend.
“Na dann ist ja alles klar. Drache und Ritter ergibt Kampf.”
Ich nickte aufmunternd, zog mein Schwert aus dem Boden und machte mich bereit tapfer in die Schlacht zu ziehen.
“Das stimmt ja alles. Die Frage ist nur, warum wir kämpfen sollten.”
Ich stockte. Das konnte ja wohl nicht wahr sein.
“Weil das schon immer so war. Schon mein Großvater, Sir Parcival, ist schon gegen Drachen in die Schlacht geritten.”
“Ah, verstehe. Und wenn auch schon dein Großvater von einer hohen Klippe gesprungen wäre, hättest du das dann auch gemacht.”

Hätte ich das gemacht? Ich ging zurück zu meinem Stein und dachte darüber nach. Für ein gemeines Ungeheuer, wie mein Vater immer gesagt hatte, sprach der Drache erstaunlich wahr klingende Dinge.
“Und zum Thema Ungeheuer. Wer von uns beiden hat den vor der Höhle des anderen gewartet, um zu kämpfen? Du oder ich?”, setzte der Drache nach. “Vielleicht solltest du mal deine Einstellung zu Gut und Böse überdenken.”
“Hast ja Recht.”
Will ich auch meinen.”, gab der Drache zurück und ging in die Höhle.
Ich wollte mich gerade auf den Rückweg machen, da steckte der Drache nochmal seinen Kopf aus der Höhle.
“Du, sag mal. Das Pferd da. Isst du das noch?”